Preisträger des 38. Sparkassen-Umwelt-Preises 2017

Die Umweltstiftung der Sparkasse Karlsruhe und das Karlsruher Institut für Technologie 
haben mit dem 38. Sparkassen-Umweltpreises 2017 die Masterarbeiten von Christian Borger, Marlène Dorbach und Jasmin Gärtner sowie die Dissertationen von Dr. Johannes Gärttner und Dr. Julian Xanke ausgezeichnet. Die Preise wurden im Rahmen der Jahrestagung des KIT-Zentrums Klima und Umwelt am 26. Juli 2018 feierlich überreicht.


V.l.n.r: Klaus Stapf (Bürgermeister Karlsruhe), Prof. Frank Schilling (KIT), Prof. Thomas Leisner (KIT), Michael Huber (Sparkasse Karlsruhe), Prof. Harald Horn (KIT), Prof. Alexander Wanner (KIT), Jasmin Gärtner (Preisträgerin), Dr. Johannes Gärttner (Preisträger), Marlène Dorbach (Preisträgerin), Dr. Matthias Schneider (KIT), Prof. Ludwig Wappner (KIT), Dr. Julian Xanke (Preisträger), Christian Borger (Preisträger), Prof. Nico Goldscheider (KIT); Foto: M. Hauser

 

Christian Borger: 
Validation of the final MUSICA MetOp/IASI water vapour isotopologue product: theoretical error estimations and comparisons to GRUAN radiosonde observations and ECHAM5-wiso simulations
Trotz seiner immensen Bedeutung stellt der atmosphärische Wasserkreislauf (Verdampfung, Wolkenbildung, Regen) immer noch eine der größten Herausforderungen in der Klimamodellierung dar. Isotopologe des Wasserdampfs können einen wichtigen Beitrag zur Evaluierung des Wasserkreislaufs in Klimamodellen leisten, denn die isotopologische Zusammensetzung des Wasserdampfs erlaubt es, verschiedene Wassertransportwege zu identifizieren. Besonders aussagekräftig sind {H2O,δD}-Paare (δD bezeichnet das standardisierte Verhältnis der beiden Isotopologe HD16O und H216O). 
Des Weiteren ist durch den Fortschritt in der Satellitenfernerkundung seit kurzem eine globale Beobachtung von {H2O,δD}-Paaren möglich (z.B. {H2O,δD}-Produkt aus Messungen des IASI-Instruments auf dem Wettersatelliten MetOp entwickelt im Rahmen des ERC-Projekts MUSICA). 
In der Masterarbeit sollte der Validierungsprozess der MUSICA IASI {H2O,δD}-Produkte fortgesetzt und erste Vergleiche mit Simulationen des Klimamodells ECHAM5-wiso durchgeführt werden. 
Für eine theoretische Produktvalidierung wurde der Einfluss von 20 Parametern für drei verschiedene Klimazonen (Tropen, mittlere Breiten und Polarregion) untersucht. Es stellte sich heraus, dass Cirrus-Wolken, Unsicherheiten in der Lufttemperatur sowie Unsicherheiten in der spektroskopischen Parametrisierung die größten Fehlerquellen darstellen. 
Für eine empirische Produktvalidierung wurden mehr als 100 Radiosondenmessungen mit MUSICA-Wasserdampfprofilen verglichen. Insgesamt zeigte sich eine leichte Überschätzung des Wasserdampfgehalts in der untersten Troposphäre (0 bis 2km), wohingegen von 2km ü.NN. bis zur Tropopause die Satellitenmessungen in sehr guter Übereinstimmung mit den Radiosondenmessungen sind. 
Der Vergleich zwischen dem Klimamodell ECHAM5-wiso und den MUSICA MetOp/IASI Daten gibt einen ersten Einblick, wie man {H2O,δD}-Paare zur Überprüfung von Feuchtetransporten in Klimamodellen nutzen kann. Es wurde gezeigt, dass das Modell die globale Wasserdampfverteilung zwar wiedergeben kann, jedoch gibt es systematische Differenzen zu den Satellitendaten in Bezug auf die isotopologische Zusammensetzung. Die Ursache für diese systematische Differenz scheint in einer zu stark simulierten vertikalen Durchmischung der Atmosphäre zu liegen, was z.B. im Tagesgang innerhalb der nordatlantischen Subtropen zu beobachten ist. Auf dieser ersten Untersuchung aufbauend kann nun mittels verschiedener Modellsensitivitätsstudien das Potenzial der {H2O,δD}-Paare zur Evaluierung des Wasserkreislaufs weiterentwickelt werden.

 

Marlène Dorbach 
JALACHAYA - Wasser als Wegweiser
Indien - ein Land voller Gegensätze und Extreme, großem Reichtum und großer Armut. Insgesamt leben dort 1,28 Milliarden Menschen zu den unterschiedlichsten Bedingungen. Mit dem Projekt JALACHAYA soll der wachsenden Ungleichheit entgegengetreten werden, die vor allem im ländlichen Raum Indiens stark ausgeprägt ist.
 Im Rahmen des Hilfsprojektes GRAMODAYA von dem studentischen Verein ENGINEERS WITHOUT BORDERS des Karlsruher Institut für Technologie und der indischen Hilfsorganisation ANTYODAYA CHETANA MANDAL (ACM) entstand die Idee für ein neues Projekt. Dieser Entwurf befasst sich mit den lokalen Problematiken und aktuellen Bedürfnissen des Dorfes Hadghutu. Da dort kein sauberes Trinkwasser vorhanden ist, soll eine Wasseraufbereitung für die Dorfbewohner geplant werden. Das Grund- und Oberflächenwasser soll in separaten Wasserkreisläufen zu Trink- und Brauchwasser aufbereitet und vergeben werden. So können die Bewohner einen effizienten Gebrauch des Wassers für den alltäglichen Bedarf machen. Außerdem wird ein neuer Treffpunkt im Dorfzentrum für die Gemeinde geschaffen. 
Schmale Trampelpfade führen zum Grundstück und schließen an einen überdachten Rundgang an, welcher alle geplanten Gebäude miteinander verbindet. So gelangt der Besucher geschützt von Gebäude zu Gebäude. Mittig bildet sich ein Hof aus, welcher als Versammlungsfläche Platz für Events bietet. Um den Innenhof reihen sich das Waschhaus, der Wasserturm und das Gemeindehaus an. Die Toiletten sind etwas abseits gelegen. Der Wasserturm verfügt über mehrere Geschosse und hebt sich sowohl in seiner Kubatur, als auch in seiner Konstruktion von den anderen Gebäuden ab. Die großen und wichtigen Räume sind zum Hof hin orientiert. Die sanitären Anlagen sind durch einen Zwischenbereich von Gang oder Hof abgeschirmt. 
Die Form der leichten Dachkonstruktion, aus Bambusstämmen und Wellblech, und die massiven Lehmwände sollen ein angenehmes Klima in den Räumen schaffen. Um ein einfaches und kostengünstiges Bauen für die Bewohner zu ermöglichen, wird eine auf den traditionellen Bauweisen basierende Konstruktion verwendet und soll als Pilotprojekt in der Region gelten.
Die Bedeutung der Interkulturalität bekommt im Zusammenhang des dt.- franz. Doppelmaster- Studiums und der globalisierenden Architektur eine neue Gewichtung. Aus den Traditionen, den Erfahrungen und dem Wissen zweier Kulturen entsteht eine Synergie.

 

Jasmin Gärtner
Stadtklimagerechte Planung für Karlsruhe - Entwicklung und Anwendung einer Methodik zur Verbesserung des thermischen Komforts im Sommer eines innerstädtischen Platzes 
Insbesondere Städte sind aufgrund des Wärmeinseleffekts vom Klimawandel und den damit einhergehenden Hitzewellen belastet. Um das hochsommerliche Stadtklima in Karlsruhe zu verbessern, stellt diese Masterarbeit ein beispielhaftes Vorgehen zur Steigerung des thermischen Komforts eines innerstädtischen Platzes im Sommer dar. Durch die Übertragbarkeit der Methodik und den aufgestellten Maßnahmenkatalog können Freiraumplaner Gestaltungselemente hinsichtlich ihres Potenzials zur Verbesserung des thermischen Komforts einordnen und gezielt einsetzten. Damit wird eine Möglichkeit zur stadtklimagerechten Planung geschaffen, wodurch das Mikroklima in Städten nachhaltig verbessert werden kann. 
Das Vorgehen wird beispielhaft am Marktplatz in Karlsruhe durchgeführt. Um das Mikroklima am Platz abzubilden, wurden zum einen Messungen mit der Wärmebildkamera vor Ort durchgeführt und zum anderen eine Verschattungsstudie unter Einbindung der standortspezifischen Wetterdaten durchgeführt. Dadurch kann der Einfluss von verschiedenen Gestaltungselementen auf den thermischen Komfort am Platz untersucht werden. Mithilfe der erhobenen Daten wurden stark belastete Bereiche auf dem Marktplatz identifiziert und entsprechend ein Raumkonzept erarbeitet, dass einen Ausblick auf den realistisch erreichbaren Gesamtkomfort gibt. 
Diese Masterarbeit ist durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit entstanden. Dadurch konnte eine ganzheitliche Lösung entwickelt werden, die den komplexen Ansprüchen eines hitzebelasteten innerstädtischen Raumes gerecht wird. Außerdem soll sie einen Denkanstoß geben, wie ein integrales Designkonzept entstehen kann, dass das Stadtklima nachhaltig verbessert und gleichzeitig gestalterische Ansprüche wahrt.

 

Dr. Johannes Gärttner
Group Formation in Smart Grids – Designing Demand Response Portfolios 
Durch die Energiewende steigt der Anteil erneuerbarer Energieerzeugung im deutschen Strommix beständig an. Dadurch wird die Anpassung des (nicht steuerbaren) Angebots an die (ungesteuerte) Nachfrage erschwert. Dieser Ausgleich ist jedoch zur Sicherstellung der Stabilität des Stromnetzes zwingend erforderlich. Demand Side Management (DSM) ermöglicht durch das Scheduling flexibler Nachfrage (Verschiebung und Reduktion von Lasten), das Dogma „Angebot folgt Nachfrage“ aufzubrechen. Aggregatoren bündeln dabei die Flexibilität von Endkunden, um diese an Netzbetreiber zu vermarkten und sie zur Anpassung der Nachfrage an das Angebot optimal einzuplanen. Somit stellen Aggregatoren die Schnittstelle zwischen Angebots- und Nachfrageseite dar. Die Qualität des erreichbaren Schedulingergebnisses hängt maßgeblich von der Struktur des zugrundeliegenden Kunden-portfolios ab. Dieses muss daher aktiv gestaltet werden. 
Die Dissertation untersucht die optimale Zusammensetzung von Kundenportfolios aus Sicht von Aggregatoren. Der innovative Ansatz verbindet die Schritte der Kundenflexibilitätsanalyse und -bewertung mit dem Portfolio- und Tarifdesign sowie mit dem nachgelagerten Scheduling flexibler Lasten unter Unsicherheit zukünftiger erneuerbarer Energieerzeugung. Stromkunden unterscheiden sich in ihrer Flexibilitätsausstattung (Art und Menge) sowie in ihrer Bereitschaft, diese zur Verfügung zu stellen. Grundlage für das Design von Kundenportfolios ist die Analyse des Flexibilitätspotentials der Kunden in Abhängigkeit ihrer Geräteausstattung. Die Nutzung von Nachfrageflexibilität ist jedoch mit Unannehmlichkeiten für die Kunden verbunden (bspw. durch Veränderung der Kundenaktivitäten oder der Umgebungsbedingungen). Damit Verbraucher ihre Flexibilität dennoch zur Verfügung stellen, müssen Anreize geschaffen werden. Diese sind durch Tarife modelliert, die sowohl für die Bereitstellung als auch für die Nutzung von Flexibilität entschädigen. 
Sämtliche Komponenten des Portfoliodesigns werden formal als Optimierungsprobleme modelliert und anschließend simulativ unter Verwendung empirischer Daten experimentell evaluiert. Die Ergebnisse zeigen auf, welche Haushalte sich in Abhängigkeit ihrer Geräteausstattung besonders zum DSM eignen und welchen Beitrag diese Haushalte zur Verringerung der Erzeugungskosten durch konventionelle Energieträger leisten können. Aufbauend auf dieser Analyse werden die optimale Zusammensetzung von Kunden- und Erzeugungsportfolios sowie deren gegenseitige Abhängigkeiten diskutiert. Ferner werden Strategien und Empfehlungen zur Gestaltung von Tarifen unter gegebenen Umweltbedingungen hergeleitet, die als Entscheidungsunterstützung für Aggregatoren dienen. Dadurch ermöglicht diese Arbeit, den Herausforderungen der Energiewende auf innovative Weise entgegenzutreten.

 

Dr. Julian Xanke
Künstliche Grundwasseranreicherung in einem Karstgrundwasserleiter am Wala Stausee, Jordanien
Das Auffangen von Flutwässern nach heftigen Regenfällen und deren Speicherung im Untergrund durch „künstliche“ Grundwasseranreicherung (engl.: managed aquifer recharge - MAR) ist ein vielversprechender Ansatz zur Bekämpfung von Wasserknappheit in semiariden Regionen. Eine besondere Herausforderung für MAR stellen jedoch Karstgrundwasserleiter dar, da sie in der Regel eine starke hydraulische Anisotropie und Heterogenität aufweisen und daher sehr schwierig zu bewirtschaften und zudem anfällig für Verunreinigungen sind. Untersucht wurde die Flutwasserspeicherung am Wala Stausee in Jordanien, die Anreicherung des darunterliegenden Karstgrundwasserleiters und die Auswirkung auf ein stromabwärts liegendes Brunnenfeld, welches ein wichtiger Bestandteil der Trinkwasserversorgung der jordanischen Hauptstadt Amman, der Kleinstadt Madaba und kleinerer Gemeinden ist. Berechnungen zeigten, dass durchschnittlich 6.7 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr vom Stausee in den Untergrund infiltrierten, was einem durchschnittlichen Grundwasserentnahmeanteil von ca. 60 % entspricht. Weiterhin konnten anhand eines numerischen Grundwassermodells die Verlandung des Stausees und Änderungen in der Grundwasserentnahme als Haupteinfluss auf den Langzeittrend des Grundwasserspiegels ausgemacht werden. Des Weiteren konnte einer der Hauptkontaminationspfade mithilfe eines Tracerversuches nachgewiesen werden. Die angewandten Methoden und das entwickelte kombinierte Schutzkonzept sind übertragbar auf bestehende oder geplante MAR Standorte in vergleichbaren semi-ariden Karstgebieten.